Gaspedal / Gestängelager 1 ?

  • Guten Tag Foristen,

    zur Zeit erneuern wir ein paar Kleinigkeiten am P1, aktuell ist das Gasgestänge dran. Das Kunststoffteil (Lager) war vor rund 20 Jahren

    zerbröselt, als erste Maßnahme haben wir dann aus Multiplex-Holz ein Teil ausgeschliffen, gebohrt und in Bohrungsmitte mit einem

    Stecheisen geteilt. Hat gut funktioniert. Dann wollte ich es gegen ein Nachbauteil (Kunststoff) tauschen, weil mir dieses Holz doch

    wie eine Kriegslösung vorkam.

    - das erste Nachbauteil kam aus Norddeutschland, es war zu klein und zu weich > eingebaut > ausgebaut > Müll

    - das zweite Teil kam aus eher westlicher Richtung, nach Nacharbeit (klemmt, Fasen fehlen...) hat es ein Jahr gehalten und ist dann
    gerissen, Bilder 1 + 2

    Jens hat Spaß am Konstruieren und dem ist er nachgegangen, mit dem Ziel diese Konzeptschwächen abzustellen:

    1) der zum Fügen des Gestänges notwendige Schlitz liegt in der Hauptkraftzone, das ist ungünstig

    2) der Schlitz ist nach der Montage (Halteschelle) immer noch "offen", das ist auch ungünstig, weil sich die Schlitzflanken

    nicht gegenseitig stützen (können), sondern das Lager sich gegen die "Welle" klemmt > schwergängig

    3) die "Welle" ist nicht exakt gerade und braucht deswegen eine elastische Aufnahme, die dennoch führen kann

    4) der Austritt der Welle aus dem Lager besitzt Biegeradien, das Lager muß deshalb Fasen haben, um die Radien

    nicht zu klemmen

    Nach einigen Überlegungen und Probeteilen haben wir uns für die auf den Bildern 4321; 22; 23 gezeigte Version entschieden,

    sie ist zweiteilig. Die Schellenkräfte stützen hier auf die beiden Lagerteile, es gibt keinen Spalt in Hauptkraftrichtung, die

    Stangenaustritte haben Fasen und seitlich ist ein kleiner Anschlag zur Querfixierung. Zur leichteren Montage hat das kleine

    Füllstück etwas "Umgriff" und hält sich selbst auf der Welle. Die Formgebung ist etwas anspruchsvoller, als beim Original,

    ....aber: Wenn man das Teil in Daten hat, ist es ein Leichtes, die zugehörige Form zu drucken: Bilder 24 + 25.

    Die "gedruckte" Form ist zweiteilig, sie enthält alle Einspeisungen, Entlüfter, Fixierung + Verschraubungen.

    Bild 25 zeigt die lose zusammengelegten Formhälften, die Passung ist sehr exakt und im verschraubten Zustand auch dicht.

    Eine einwandfreie Befüllung / Entlüftung wird durch "über Eck" angeordnete Kanäle erreicht, die dann "unten" und "oben"

    liegen, wenn die Form in entsprechende Schräglage gebracht wird. Auch den Halter dazu kann man drucken: Bild 27.

    Jetzt geht es mit dem Gasgestänge weiter, das wird auch neu... und dann: Fahrerprobung.

    Gruß + MUNTER bleiben !!

    Alfred. H.

  • ....und es geht weiter:

    Heute Mittag hatte der Verzinker die Kleinteile für die Vergaseranlenkung fertig, da konnte ich es nicht

    lassen, das mal an einen Vergaser anzubauen.

    Unser P1 hat einen Solex-Vergaser, in der zugehörigen Baureihe haben die Vergaserdeckel bereits 2 Gewinde

    M8 bekommen, bei manchen Typen ist daran der Gaszughalter befestigt.

    Das ist eine gute Voraussetzung, denn mit wenig Aufwand ist es möglich, damit eine Anlenkung zu bauen,

    die in einem "ähnlichen Gebiet" wie bei P1 / P2 liegt.

    Deshalb ist es natürlich auch möglich, einen P1 / P2 - Carter-Vergaser entsprechend zu modifizieren.

    Die Bilder 4328 - 31 beziehen sich auf "unseren" P1 mit Solex, 4332 + 33 zeigen einen Opel-Carter-Vergaser

    Bild 28 zeigt die Umbauteile für Solex, der Lagerbolzen ist eine Passschraube M8, die Blechhebel sind selbst gefertigt.

    Der Umlenkhebel besitzt ein angelötetes Rohr und läuft auf der Passschraube.

    Die Kugelgelenke und auch das Gabelgelenk haben Gewinde M5, die geknickte Stange hat 6mm Durchmesser,

    Gabelkopf + Kugelpfanne dazu sind auf M6 geändert. Alle Kugelpfannen haben Sicherungsclips,

    der Gabelkopf besitzt einen Klappsplint 5mm. Für den Anbau an der Gashebelstange muß eine Kunststoff-

    Buchse gefertigt werden, die Bohrung ist 8.....8,2mm.

    Bislang war an unserem Auto noch eine dieser Blechklammern am Gestänge vorhanden, das ist jetzt ERLEDIGT.

    Beim Carter-Vergaser für P1 + P2 hat OPEL (leider wahr) eine sehr unsaubere Gestängeanordnung verwirklicht,

    weil die Bewegungsachsen nicht parallel liegen, "rutscht" die kleine Koppelstange am Drosselhebel hin und her,

    dabei biegt sie die Haltefeder (und das, bei jeder Betätigung, in Teillast).

    Das Bild "Opel-P-Vergaser 1" zeigt die Situation Koppelstange-Drosselhebel-Haltefeder in der Position: Leerlauf,

    die Koppelstange wird durch den Winkelfehler "rausgezogen", dabei wird die Feder angespannt.

    Das Bild 2 zeigt, wie sich das ändert, wenn man etwas Gas gibt, die Winkel der Koppelstange fluchten nun

    etwas besser mit den Winkeln der Hebel, die Koppelstange rutsch "rein" und die Feder entspannt.

    Bei jedem Gasgeben wird die Feder gebogen, irgendwann bricht sie.

    Das Bild 3 zeigt den technisch richtigen Ersatz für die mißratene Kinematik, es ist prinzipiell einfach.

    - 2 Kugelgelenke M5

    - 1 Stiftschraube M5x20

    - 2 Muttern M5 mit Zentrierabsatz (aus 6-kant anfertigen), der Zentrierabsatz zentriert die

    fünfer Kugelzapfen in den größeren (6+mm) Hebelbohrungen. Der Absatz MUSS kürzer

    als die Blechdicke der Hebel sein !

    - 2 U-Scheiben

    - Loctite o.ä.

    Das Gestänge zur Pedalstange kann man ähnlich wie beim Solex-Umbau ausführen.

    Gruß + MUNTER bleiben !!

    Alfred. H.

  • Mensch Alfred, ich bin echt sprachlos, die Idee dort hin zu kommen plus Umsetzung
    Ganz großes Kino :daumen1:

    Wägelchen:
    Rekord P1 Limosine 06/1960 1.7 55 PS. EX; Alabastergrau-Comograu
    Astra K ST CDTI 01/2019 1.6 136 PS. Tiefseeblaumetallic.

  • Oh, Kai-Uwe sprachlos!? Das ist was besonderes... :engel1:

    Gruß aus Werl
    Rüdiger

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    Man kann einen Oldtimer nicht wie ein menschliches Wesen behandeln. Ein Oldtimer braucht Zuwendung! :alt002:
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    Opel Olympia P1 CarAvan, EZ 06.1960, Koralle/Alabastergrau, 1,7l
    Opel Olympia P1 "nackter Spatz", EZ 18.06.1959, Birkengrau
    Opel Olympia Rekord P1 Cabriolet von Autenrieth, EZ1959, rot

  • Guten Abend Kai-Uwe,

    danke für die Blumen. Diese ganzen Geschichten sind aber nicht so richtig schwierig.

    Es geht um "2 Gewerke".

    1) Neukonzeption des Gaspedallagers

    2) Gasgestänge technisch + optisch einwandfrei herstellen

    Zu 1) Dieses Teil wird normalerweise gespritzt oder gegossen. Das bedingt eine Form. Die hätte

    "früher" aufwendig hergestellt werden müssen. Das geht "heute" > ZACK. Dann hast Du die Form,

    mußt aber noch gießen: Mischen, entgasen, luftfrei einfüllen.... ist etwas Arbeit > geht

    Immerhin hast Du die (sonst sehr teure) Form sehr günstig hergestellt....

    In anderen Beiträgen hatte ich schon mal auf andere Fertigungsverfahren hingewiesen:

    Die benötigten Bauteile GLEICH zu drucken. Wir haben dieses Gasgestängelager mal angefragt.

    Ergebnis: Für ein Lager gleicher Ausführung (wie beschrieben), entstehen Kosten zwischen

    15....25€, Material PA (TOP). Entscheidend ist die Bereitstellung der Daten.

    Zu 2): Die Herstellung des Gasgestänges folgt weitgehend handwerklichen Vorgehensweisen:

    - Normteile suchen
    - Halbfertig-Produkte suchen
    - Teile drehen, fräsen, bohren, feilen...

    kurz: Nieten, schweißen, löten, erlöst von allen Nöten !

    ABER: Auch hier gibt es Potential ! Das hinsichtlich der "Heimarbeit" aufwendigste Teil ist der Umlenkhebel.

    Man kann daran so 3 h herumasseln. Er kostet aber nur 9,-€, wenn man ihn auslasern läßt (nicht allein).

    Da gibt es (aus meiner Sicht) Potential, wenn es um Nachfertigungen geht. Man kann das nutzen.

    Leider sehe ich wenige (keine Initiative) bei den Jüngern der Marke Opel.

    MÖGLICHERWEISE ist das aber auch an mir vorbei gegangen.....

    Gruß + MUNTER bleiben !!

    Alfred. H.


  • Ja, die ganzen Rasselgestänge bei den Altopeln sind konstruktiv auf baldigen Verschleiß getrimmt. Da ich kein Vergleichsfahrzeug aus der Aera besitze kann ich nicht beurteilen ob Opel das nun bewusst billig gestaltet hat oder ob das damals schlicht state of the art war.

    Vor allem diese Gasgestängelager sind ein konstruktiver Leckerbissen...nur noch übertroffen durch die haarsträubenden Nachbauten die man so kaufen kann. Ich habe bestimmt ein halbe Stunde an dem Ding rumraspeln müssen bis das Teil halbwegs unter diese Blechschelle passte. Ganz zu schweigen von dem unumgänglichen Entfernen von Gusshäuten und Nacharbeiten von Bohrungen.

    Gruß
    Frank

  • Guten Morgen Frankyboy,

    es gibt "seit Anbeginn der Zeiten" Konstruktionsregeln, die sich bewährt haben. Opel ersetzt(e)

    diese Regeln gern mal durch "Wunschdenken + Wunschkonstruktionen" (ist heute wieder üblich,

    bei anderen Themen).

    Das führt unweigerlich zu Murks. Im Falle dass, sollte man den Murks nicht nochmal nachbauen....

    Unsere Freunde aus den USA folgen dem Prinzip "KIS" > keep it simple > das ist o.k., aber nur die

    erste Hälfte der "Wahrheit". Ein Mann namens Albert Einstein soll sich so geäußert haben:

    "Löse ein Problem so einfach, wie MÖGLICH, aber nicht NOCH EINFACHER." Damit ist die not-

    wendige Ergänzung zu der Amerikanischen Philosophie beschrieben. Leider hat Opel das

    entweder nicht mitbekommen, oder bewußt ignoriert....

    Gruß + MUNTER bleiben !!

    Alfred. H.

  • Es gab mit Sicherheit damals bei Opel gute Konstrukteure, denen es selbst ein Graus war, was sie schkießlich bauen lassen mussten. Aber sie hatten wahrscheinlich keine andere Wahl, angesichts von Vorgesetztengroll, internen Machtkämpfen, persönlichen Animositäten zwischen den einzelnen Abteilungsleitern und nicht zuletzt aus den USA vorgegebenen Sparzwängen. Das war doch damals nicht anders als heute!

    Und Du Alfred, warst lang genug im Berufsleben, dazu noch in einem Konzern-gelenkten Großunternehmem, um zu verstehen, was ich meine. Das würde ich bei der Kritik an den historischen Opel-Konstruktionen stets im Hinterkopf behalten.

    Tschüß
    Klaus

  • Mist = Mist, egal, wer wann wo und weshalb den irgendwer verzapft hat.

    Zitat aus "Der Teufel trägt Prada": "Die Gründe Ihres Scheiterns interessieren mich nicht".

    Insofern möchte ich mir die damaligen Sorgen und Umstände, aus denen keine guten Lösungen

    entstanden sind, nicht zu eigen machen.

    Wenn mir irgendwas technisch nicht paßt, dann ändere ich das so (wenn machbar), dass es mir

    besser gefällt.....das ist alles.

    Gruß,

    Alfred. H.

  • Das sieht ja super aus. Ich habe mir einen Adapter für unseren A-Rex bauen lassen um den Solex 35 vom B-Kadett zu montieren. Ich habe immer Probleme hier Bilder einzustellen.
    Wir arbeiten dran es geht weiter :thumbup:

    • Offizieller Beitrag

    .

    Grüße aus dem Sauerland von Frankie, dem Lennecruiser!

    --------------------------------------------------------------------------
    Wohnort: 58119 Hohenlimburg a. d. Lenne
    Fahrzeug: Olympia Rekord P1, EZ 02/60, 1700 ccm
    --------------------------------------------------------------------------
    Motto: "LEBE SO, DASS SICH DEINE FREUNDE LANGWEILEN, WENN DU TOT BIST!"

  • Also mein Gaspedallager hat gut 50.000km geschafft und das ist eine Lebensdauer, die für so ein Teil eigentlich ausreichend konstruiert ist.


    Das sehe ich anders. So ein Teil sollte die Lebensdauer des Fahrzeugs eigentlich überleben ...

    Gruß
    Christian


  • Das sehe ich anders. So ein Teil sollte die Lebensdauer des Fahrzeugs eigentlich überleben ...

    Gruß
    Christian

    Moin zusammen,
    aus heutiger Sicht ist eine "Lebensdauer" von 50000 km sicherlich nicht üppig, aber vor 60 Jahren war das eher normal. Lebensdauertests und - berechnungen waren so aussagekräftig wie die damalige Wettervorhersage.
    Heutzutage sind relevante Teile in der Lebensdauer definiert, was aber keineswegs bedeutet das die "ewig" halten. Ganz im Gegenteil. Stoßdämpfer sind auf 120 - 150000 km, eine Kupplung auf 150000 km ausgelegt.
    Die TFSI Motoren von VW sind ja auch berühmt/berüchtigt wegen der begrenzten Laufleistung durch kontruktiv verbesserte Kolbenringe. In meinem CC hatte der 2.0 TFSI bei 150000 km die Kolbenringe entgültig gestreckt.

    Also nicht zu hart mit den alten Opelteilen ins Gericht gehen.
    Allerdings sind die angebotenen Nachbauten wieder eine andere Sache. Da wird abgeformt und gegossen, die Haltbarkeit ist reiner Zufall.
    Wenn dann ein Hobbykollege sich dazu Gedanken macht und eine Verbesserung erreichen kann, ist das doch vor diesem Hintergrund eine klasse Sache.

    Gruß aus Werl
    Rüdiger

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    Man kann einen Oldtimer nicht wie ein menschliches Wesen behandeln. Ein Oldtimer braucht Zuwendung! :alt002:
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    Opel Olympia P1 CarAvan, EZ 06.1960, Koralle/Alabastergrau, 1,7l
    Opel Olympia P1 "nackter Spatz", EZ 18.06.1959, Birkengrau
    Opel Olympia Rekord P1 Cabriolet von Autenrieth, EZ1959, rot

    • Offizieller Beitrag

    Was meinst du denn wie die Lebensdauer dieser Fahrzeuge früher war?
    Die waren teils schon nach 3 Jahren zum ersten TÜV Reparaturgeschweißt, was niemanden wirklich gestört hat, war bis da hin eh das alte Modell und der Tacho war nur 5 stellig, weil sich die 6. stelle in der Praxis erübrigte und wenn du es geschafft hast, damit 100.000km zu fahren bekamst ne Plakette und ne Urkunde...

    Das Gaspedallager macht da eher keinen Ausreißer in der Lebensdauerauslegung...

  • ..also unser P1 hat 64 Jahre durchgehalten, praktisch unrepariert.

    Diese Erfahrungen zur Kurzlebigkeit kenne ich gar nicht !

    Na ja:

    Das Schiebedach war etwas fledderig und der Lack mußte mal neu, sonst: Praktisch nix.

    Ach ja, das Gaspedallager..... aber das wißt ihr ja schon !

    Gruß,

    Alfred. H.