Liebe Kollegen,
wegen der Trommelbremsauslegung an unseren alten Kisten gab es einige Fragen, speziell dieUnterschiede in der Auslegung bis / ab Fg. Nr. wurden diskutiert.
Was die Unterschiede an der VA-Bremse bewirken, habe ich deshalb nochmal am Exemplar selbst dargestellt und auch versucht, möglichst verständlich zu erklären.
Bild 1143 zeigt eine rechte Vorderradbremse, links ist die bis-Variante verbaut, rechts die ab-Ausführung.
Über die geänderten Abstützwinkel wurde schon oft berichtet, in dem Zusammenbau kann man direkt erkennen,
wie das in praxi aussieht. Dazu habe ich zwei Rührhölzchen so eingeklemmt, dass sie die Winkel richtig abbilden.
Bild 1144 zeigt eine Skizze, hier sind einige Einflußgrößen mal abstrakt + nicht maßstäblich dargestellt,die Abstützwinkel sind ungefähr eingetragen.
Links bis/ rechts ab. Es ist hinlänglich bekannt, dass Trommelbremsen eine Selbstverstärkung aufweisen, wenn
der Radzylinder in Drehrichtung wirkt. Die Zuspannkraft Fz1 ist bei alt und neu gleich und hängt nur vom Bremsdruck ab,
wegen gleicher Durchmesser Fz1 = Fz2.
Die Tangentialkraft Ft hat Anteile, die in die gleiche Richtung wirken, wie die Zuspannkraft.Die Selbstverstärkung in Nähe der Betätigungskraft (Kolben) ist ebenfalls gleich.
Der bekannte Unterschied liegt in der Neigung der Abstützfläche. An der Abstützfläche muß sich die gesamteReibkraft der Bremsbacke stützen, das geht nur in einer Komponente SENKRECHT zur Abstützung, weil die
Anordnung "gleitend" ist und praktisch keine Reibung aufweist.
Die Bremsbacke ist in der Trommel geführt, die Einleitung der Kraft kann deshalb nur tangential erfolgen.
Die Schräge der Abstützfläche "zerlegt" die Tangentialkraft in eine Komponente "normal" zur Abstützfläche
und eine Radialkomponente, die zur Trommel zeigt. Die Reaktionskraft kommt also aus der Trommelwand,und erzeugt auch an der Abstützfläche Selbstverstärkung.Dieses Krafteck ist kompliziert, deshalb habe ich mal eine einfache Analogie zum Verständnis herangezogen,
siehe Bild 1145.
Als "einfachen" Vergleich kann man einen Keil heranziehen, je spitzer der Winkel wird, desto größer ist die
seitlich wirkende "Spaltkraft". So ähnlich funktioniert das auch bei der Schrägabstützung, hier bildet die gelbmarkierte Linie den "Keilwinkel" mit dem Radius (zum Zentrum).Wir sehen, dass der Winkel Alpha (alt) deutlich größer ist, als Winkel Beta (neu). Vergleiche dazu Fotos 1143 + 1144, ich habe das hemdsärmelig so ähnlich übertragen. Die "Keilsituation" in Bild 1145 ist zwecks Veranschaulichung mit "großen" Winkelunterschieden dargestellt. Bei dieser Winkelantragung ist der wirksame "Keilwinkel"immer: 90°-Alpha / 90°-Beta > in dem Kräfteparallelogramm zum Keil so gezeigt.Man kann gut sehen, dass große Winkel Alpha spitzte Keilwinkel erzeugen, die dann hohe Andruckkräfte der Bremsbelägein Nähe der Abstützung bewirken.Das geht natürlich nicht beliebig ! Wenn man das übertreibt, sperrt die Bremse von selbst und löst nicht mehr.Soweit ist Opel natürlich nicht gegangen, der Hinweis auf Sichelverschleiß ist allerdings schon der Beleg dafür, dass
keine ausgewogene Situation zwischen der Selbstverstärkung in Kolbennähe und Selbstverstärkung an der Abstützfläche
besteht. Siehe dazu Bild 1145 unten Mitte. Qualitativ muß die alte Ausführung ungefähr die rote Druckverteilung aufweisen.
Diese Druckverteilung begünstigt "Sichelverschleiß", es ist klar, dass der Verschleiß der Beläge mit dem Anpreßdruck
korrespondiert.
Eine bessere Balance sollte erreicht werden, in dem die Neigung der Abstützfläche reduziert wurde (neu), anzustreben ist
die rechts grün eingezeichnete Situation (ideal).Dann hat man einen gleichmäßigen Verschleiß.Leider geht damit aber auch die Wirksamkeit zurück, die grün schraffierte Fläche ist bei gleichem Bremsdruck kleiner:Bei gleichem Bremsdruck ist die Zuspannkraft auf der Kolbenseite bei beiden Ausführungen gleich. (Andruck P1 = Andruck P3)Durch die Reduzierung der Neigung wurde aber P2 gegenüber P4 verringert.
Wenn die Ausführung "neu" also gleiche Wirksamkeit wie die Ausführung "alt" erreichen soll, ist ein höherer Bremsdruck erforderlich.
Das würde die Auslegung von VA zu HA stören, weil die HA dann im Verhältnis stärker gebremst wird.
Um das zu vermeiden, wurden die Radzylinder hinten im Durchmesser verkleinert.
Aus heutiger Sicht ist die gesamte Auslegung Murks. Sie berücksichtigt weder unterschiedliche Beladungszustände, noch ist die Bremskraftverteilung auch nur annähernd druckabhängig angepaßt oder begrenzt.
Ein paar Anhaltspunkte: Vor rund 20 Jahren hatte die Continental einen Golf präpariert, der aus 100km/h einen Bremsweg von 30m erreichte.Dazu waren einige Voraussetzungen nötig: Temperierter Asphalt, staubfrei, angepaßte Dämpfung, optimiertes ABS aber: Serienreifen.Ein heutiger Sportwagen (z.B. Porsche) steht nach ca. 32m.Das bedeutet eine mittlere Verzögerung um ca. 12m/s².Davon kann ein alter Opel nur träumen, seine Bremskraftverteilung beruht auf Annahmen, die durch die damalige Reifentechnik bestimmt wurden.Wahrscheinlich liegen die Bremswege aus 100km/h für einen P so zwischen 55....60m (persönliche Schätzung).Mit modernen Reifen ginge da wesentlich weniger, wenn die Bremse angepaßt wird.Das ist nichts für den Heimgebrauch, die kleineren Radzylinder hinten sind aber auf jeden Fall ein richtiger Schritt (und zulässig).Und: Vorsichtig fahren !!!
Viel Spaß + munter bleiben,
Alfred. H.
wegen der Trommelbremsauslegung an unseren alten Kisten gab es einige Fragen, speziell dieUnterschiede in der Auslegung bis / ab Fg. Nr. wurden diskutiert.
Was die Unterschiede an der VA-Bremse bewirken, habe ich deshalb nochmal am Exemplar selbst dargestellt und auch versucht, möglichst verständlich zu erklären.
Bild 1143 zeigt eine rechte Vorderradbremse, links ist die bis-Variante verbaut, rechts die ab-Ausführung.
Über die geänderten Abstützwinkel wurde schon oft berichtet, in dem Zusammenbau kann man direkt erkennen,
wie das in praxi aussieht. Dazu habe ich zwei Rührhölzchen so eingeklemmt, dass sie die Winkel richtig abbilden.
Bild 1144 zeigt eine Skizze, hier sind einige Einflußgrößen mal abstrakt + nicht maßstäblich dargestellt,die Abstützwinkel sind ungefähr eingetragen.
Links bis/ rechts ab. Es ist hinlänglich bekannt, dass Trommelbremsen eine Selbstverstärkung aufweisen, wenn
der Radzylinder in Drehrichtung wirkt. Die Zuspannkraft Fz1 ist bei alt und neu gleich und hängt nur vom Bremsdruck ab,
wegen gleicher Durchmesser Fz1 = Fz2.
Die Tangentialkraft Ft hat Anteile, die in die gleiche Richtung wirken, wie die Zuspannkraft.Die Selbstverstärkung in Nähe der Betätigungskraft (Kolben) ist ebenfalls gleich.
Der bekannte Unterschied liegt in der Neigung der Abstützfläche. An der Abstützfläche muß sich die gesamteReibkraft der Bremsbacke stützen, das geht nur in einer Komponente SENKRECHT zur Abstützung, weil die
Anordnung "gleitend" ist und praktisch keine Reibung aufweist.
Die Bremsbacke ist in der Trommel geführt, die Einleitung der Kraft kann deshalb nur tangential erfolgen.
Die Schräge der Abstützfläche "zerlegt" die Tangentialkraft in eine Komponente "normal" zur Abstützfläche
und eine Radialkomponente, die zur Trommel zeigt. Die Reaktionskraft kommt also aus der Trommelwand,und erzeugt auch an der Abstützfläche Selbstverstärkung.Dieses Krafteck ist kompliziert, deshalb habe ich mal eine einfache Analogie zum Verständnis herangezogen,
siehe Bild 1145.
Als "einfachen" Vergleich kann man einen Keil heranziehen, je spitzer der Winkel wird, desto größer ist die
seitlich wirkende "Spaltkraft". So ähnlich funktioniert das auch bei der Schrägabstützung, hier bildet die gelbmarkierte Linie den "Keilwinkel" mit dem Radius (zum Zentrum).Wir sehen, dass der Winkel Alpha (alt) deutlich größer ist, als Winkel Beta (neu). Vergleiche dazu Fotos 1143 + 1144, ich habe das hemdsärmelig so ähnlich übertragen. Die "Keilsituation" in Bild 1145 ist zwecks Veranschaulichung mit "großen" Winkelunterschieden dargestellt. Bei dieser Winkelantragung ist der wirksame "Keilwinkel"immer: 90°-Alpha / 90°-Beta > in dem Kräfteparallelogramm zum Keil so gezeigt.Man kann gut sehen, dass große Winkel Alpha spitzte Keilwinkel erzeugen, die dann hohe Andruckkräfte der Bremsbelägein Nähe der Abstützung bewirken.Das geht natürlich nicht beliebig ! Wenn man das übertreibt, sperrt die Bremse von selbst und löst nicht mehr.Soweit ist Opel natürlich nicht gegangen, der Hinweis auf Sichelverschleiß ist allerdings schon der Beleg dafür, dass
keine ausgewogene Situation zwischen der Selbstverstärkung in Kolbennähe und Selbstverstärkung an der Abstützfläche
besteht. Siehe dazu Bild 1145 unten Mitte. Qualitativ muß die alte Ausführung ungefähr die rote Druckverteilung aufweisen.
Diese Druckverteilung begünstigt "Sichelverschleiß", es ist klar, dass der Verschleiß der Beläge mit dem Anpreßdruck
korrespondiert.
Eine bessere Balance sollte erreicht werden, in dem die Neigung der Abstützfläche reduziert wurde (neu), anzustreben ist
die rechts grün eingezeichnete Situation (ideal).Dann hat man einen gleichmäßigen Verschleiß.Leider geht damit aber auch die Wirksamkeit zurück, die grün schraffierte Fläche ist bei gleichem Bremsdruck kleiner:Bei gleichem Bremsdruck ist die Zuspannkraft auf der Kolbenseite bei beiden Ausführungen gleich. (Andruck P1 = Andruck P3)Durch die Reduzierung der Neigung wurde aber P2 gegenüber P4 verringert.
Wenn die Ausführung "neu" also gleiche Wirksamkeit wie die Ausführung "alt" erreichen soll, ist ein höherer Bremsdruck erforderlich.
Das würde die Auslegung von VA zu HA stören, weil die HA dann im Verhältnis stärker gebremst wird.
Um das zu vermeiden, wurden die Radzylinder hinten im Durchmesser verkleinert.
Aus heutiger Sicht ist die gesamte Auslegung Murks. Sie berücksichtigt weder unterschiedliche Beladungszustände, noch ist die Bremskraftverteilung auch nur annähernd druckabhängig angepaßt oder begrenzt.
Ein paar Anhaltspunkte: Vor rund 20 Jahren hatte die Continental einen Golf präpariert, der aus 100km/h einen Bremsweg von 30m erreichte.Dazu waren einige Voraussetzungen nötig: Temperierter Asphalt, staubfrei, angepaßte Dämpfung, optimiertes ABS aber: Serienreifen.Ein heutiger Sportwagen (z.B. Porsche) steht nach ca. 32m.Das bedeutet eine mittlere Verzögerung um ca. 12m/s².Davon kann ein alter Opel nur träumen, seine Bremskraftverteilung beruht auf Annahmen, die durch die damalige Reifentechnik bestimmt wurden.Wahrscheinlich liegen die Bremswege aus 100km/h für einen P so zwischen 55....60m (persönliche Schätzung).Mit modernen Reifen ginge da wesentlich weniger, wenn die Bremse angepaßt wird.Das ist nichts für den Heimgebrauch, die kleineren Radzylinder hinten sind aber auf jeden Fall ein richtiger Schritt (und zulässig).Und: Vorsichtig fahren !!!
Viel Spaß + munter bleiben,
Alfred. H.