Schwungrad erleichtern

      Schwungrad erleichtern

      Liebe Kollegen,

      Änderungen am Motor scheinen sehr beliebt, nicht nur in diesem Forum. In einem früheren Beitrag
      hatte ich schon mal erwähnt, dass man das Schwungrad unserer alten Kisten erheblich erleichtern
      kann.

      So ist die Ausgangssituation:

      - das Originalschwungrad hat eine Masse von ca. 9kg
      - die "wirksame" Masse befindet sich weit außen, in einem Ring
      - die außenliegenden Masseanteile sind quadratisch wirksam !
      - es lohnt sich also, vor allem außen liegende Massenanteile zu entfernen

      Die Ausführung zeigt Bild 791 im Vergleich, links erleichtert / rechts Serie
      Das erleichterte Schwungrad hat ca. 3kg (außen) verloren.

      Damit sind die Verhältnisse um die Kupplung grundlegend anders.
      Vor dieser Operation habe ich deshalb einige Überlegungen angestellt und
      Messungen durchgeführt, z.B. im Vergleich zu den Nachfolgemotoren CIH.

      - die CIH´s haben exakt den gleichen Lochkreisdurchmesser, wie die alten OHV-Maschinen
      - die CIH Druckplatte ist mit M8 befestigt
      - die OHV´s haben M10 Schrauben
      - Opel hat zwischen OHV und CIH genau so, wie hier beschrieben, Schwungrad und Kupplung
      geändert und durch eine etwas höhere Druckplatte wieder den "alten" Eingriffspunkt für
      das Drucklager gehalten. Das ist ein Vorteil der sehr konservativen Opel-Entwicklung !!

      Ergo: wenn an einem OHV-Schwungrad die CIH-Funktionsmaße hergestellt werden, paßt die
      Geschichte wieder.

      Bild 793 zeigt die Druckplatte eines CIH, Bild 794 zeigt OHV, man sieht, dass die Plattenposition
      unterschiedlich ist. Wegen des etwas längeren Gehäuses wiegt die Druckplatte des CIH etwas mehr,
      4,4 kg gegenüber 4,0 kg beim OHV, allerdings etwas weiter "innen".

      Die Werkstatthandbücher geben Aufschluß über die relative Position: Druckplatte zu Schwungradkranz.
      Mit dieser Kenntnis kann man nun konstruieren, siehe Handskizze Schwunggrad 42....
      Die Arbeitsfolge paßt nicht auf meinen Scanner, darum hier im Text:

      1) Fläche "Z" fein überdrehen, max. Abnahme 0,3mm
      2) Senkungen für Passschraube Durchmesser 10H7 auf 22mm Tiefe erweitern
      3) Maß 4,5+- 0,05 durch Abdrehen des Außenkranzes einstellen
      4) Übergang auf Durchmesser 228,5 in Freistich durch Fase ca. 30° herstellen

      Wenn man erst abdreht....ist die Paßbohrung 10 weg und man hat keine Führung mehr,
      zum Vertiefen.

      Dann bleibt nur noch das Problem M8 / M10 Befestigung.
      Dazu kann man sich kleine Bolzen fertigen lassen, die einerseits im Schwungrad des OHV
      mit M10 und 10H7 Zentrierung sitzen, und andererseits die Druckplatte mit 8h7 fixieren.
      Dazu gibt es die Skizze Schwungrad 2281... und das Foto 795.

      Diese Teile müssen exakt gefertigt werden und aus geeignetem Material bestehen,
      Schraubenstahl ist o.k. Vergütung auf ca. 900....1000 N/mm².

      Diese Doppelbolzen müssen so in das Schwungrad eingesetzt werden, dass der 10ner Absatz
      etwas unter der Oberfläche zurücksteht.
      Dann mit z.B. Loctite 275 einkleben und sofort mit einer M8-Mutter etwas anziehen, damit der Bolzen
      das Gewindespiel in Richtung "Zug" überwindet und in dieser Position im Metallkontakt sitzt + klebt

      Operation fertig. Danach muß das Schwungrad natürlich mit der KW und der Druckplatte zusammen
      ausgewuchtet werden, das ist klar.

      Alle Funktionsmaße, Ausrücklagerposition, Ausrückweg, Kupplungsscheibe …. bleiben wie im Original-
      zustand erhalten, Bild 792 zeigt links die modifizierte Version, rechts Serie.

      Der Motor läuft im Leerlauf genau so ruhig, wie vor der Maßnahme.

      Die Reaktion auf Gasgeben wird merklich besser.

      Wenn man das so machen möchte, ist ein geeignetes Schwungrad als Basis zu empfehlen
      und genau anzusehen:

      - ein Teil mit wenig Wuchtbohrungen nehmen
      - währen des Abdrehens > Kontrolle auf Gußlunker, sie dürfen nicht "offen" sein

      Zum Spannen auf einer großen Drehmaschine sollte der Starterkranz abgenommen werden,
      Opel meint dazu, man müsse ihn auftrennen. Man bekommt ihn aber auch heil abgebaut,
      wenn man ihn mit einem weichen Dorn gleichmäßig rundum langsam und vorsichtig abdrückt.

      Aufbau geht problemlos durch Erwärmen.

      Aufpassen: Zähnezahl (Modul) der Verzahnung ist zwischen verschiedenen Typen alt / neu anders,
      der Anlasser muß dazu passen und nicht jeder Anlasser paßt in jeden Wagen (z.B.Freigang zur Lenkung)

      Gruß + viel Spaß,

      Alfred. H.





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      Hallo Alfred

      vor etwa 30 jahren hab ich auch mal ein schwungrad erleichtert . ich hab es aber nicht nur abgedreht , sondern aussenrum sicher 30 stück 12er löcher gebohrt , modell Schweizer käse :floet002: . habe dazumal noch als werkzeugmacher gearbeitet und das war dann mal ne feierabendarbeit . die gasannahme ist bedeutend besser , auch unter last und den leerlauf hat es nicht beeinflusst . ich meinte , es sind auch etwa 3 kg flötten gegangen , kann ich aber nicht mehr mit bestimmtheit sagen .

      gruss Kurt
      Wohnort : 5108 Oberflachs / Schweiz

      div. P2`s und anderes Alteisen
      Hallo Kurt,
      es war zu vermuten, dass Du in der gleichen Mission schon unterwegs warst !
      Die Sache hat eine Vorgeschichte: Für meinen Kadett hatte ich ein erleichtertes
      Schwungrad aus dem einschlägigen Handel beschafft. Es ist weitaus stärker
      erleichtert, als das hier abgebildete Rekord-Schwungrad, hatte aber leider eine
      Wuchtbohrung so angeschnitten, dass außen eine Öffnung (Lücke) entstand.
      Das hat mir nicht gefallen, weil unter Fliehkraft hier eine Schwachstelle ent-
      steht. Also habe ich einen Studiosus daran gesetzt, ein Datenmodell aufzubauen
      und unter Fliehkraft (Drehzahl) die Spannungen zu berechnen. Das hat dann
      auch ergeben, dass ein "offener Anschnitt" am Umfang zu Spannungskonzentrationen
      führt. Wenn mir die Blätter nochmal begegnen, stelle ich die hier ein.
      Das wäre beim Kadett ab ca. 8.000 UPM kritisch geworden (er dreht nur 7.000 max.),
      dennoch habe ich das Schwungrad zurückgegeben, im Ausverkauf ein geeignetes
      Neues besorgt ….und das beim gleichen Händler bearbeiten lassen.
      Unsere alten Kisten sind natürlich wesentlich unkritischer.
      Ein andere Ansatz wäre: Die Schwungradkontur in Form eines Karos zu bearbeiten
      (Zahnkranzabschnitt bleibt natürlich rund). Das will ich aber nicht ausprobieren.
      Wenn ich das Thema nochmal angehe, dann wird es im Vorweg eine Rechnung geben.
      Heute sind bereits Programme weit verbreitet, die eine Masse- und Formoptimierung
      selbständig vornehmen:
      - Lastannahmen (Drehzahl, Kupplungsdruck) programmieren
      - Trägheitsmoment festlegen und variieren (das ist die Schwungmasse)
      - Lasteinleitungspunkte programmieren
      - Befestigungen an der KW programmieren
      - Materialkennwerte eingeben
      Formoptimierung ansehen + interpretieren > bauen !!!
      Hin und wieder plagt mich die Langeweile...und wenn es mir in den Kopf kommt,
      dann ziehe ich das durch, ein Opfer zum Rechnen finde ich irgendwie und
      Schwungscheiben habe ich genug....
      Die Kombination aus CIH-Druckplatte und OHV-Schwungrad hat mich erstmal überzeugt,
      weil man praktisch den ganzen Außenring entfernen kann, ohne das Rad selbst zu
      schwächen.

      Gruß,

      Alfred. H.