Die Braunschweiger Akte Fortsetzung 07.05.2015

      Super , vielen Dank !
      Mit hat das Bild des aufgebockten P1 am besten gefallen ! Grossartig ! Open-Air schrauben wie n den frühe 90ern ! Hätte ich mich damals nicht getraut . Schöne Aufnahmen auch von der Halle . Ich weiss gar nicht , ob es Bilder von unserer erste Halle gibt , aber eigentlich sieht es bei uns heute noch ähnlich aus ...
      Danke lieber Weihnachtsmann !

      Gruss
      Marcus
      Rücksichtsvolles Fahren ehrt den Opelfahrer !

      Ort : 42369 WUPPERTAL
      Fahrzeuge : Rekord P2 , Rekord B , Kadett C ...
      Das ist doch schön. Nach 2 Tagen mit der Verwandtschaft mal in Ruhe eine schöne Geschichte lesen und darüber staunen, dass es schon lange, bevor unsere Autos zu Oldtimern wurden, schon Leute gab, die sie hegten und pflegten und sie zu schätzen wussten. Ohne diese Menschen gäbe es heute viele Oldtimer nicht mehr.
      97650 Fladungen/Rhön - Opel Rekord P2 Coupe 04/1962 und Opel C Kadett Limousine 03/1979 - AOIG #4509
      Das Leben ist hart, aber ein Opel Rekord P 2 ist härter !!!
      Jürgen mit Diana
      :thumbup: :saint:

      Piff schrieb:

      ... bin auf die Geschichte vom 1.Hand P1 mit Faltdach gespannt .

      Gruss
      Marcus


      Der 1.-Hand P1

      Anfang der 90er Jahre, als das Internet noch im Aufbau war und jeder seine Reise artig im Reisebüro buchte, gab es für Privatverkäufe den „Heißen Draht“ als dickes Bündel auf billigstem Zeitungspapier gedruckt, im Zeitschriftenhandel, jede Woche neu, zu kaufen. Was habe ich da für Schnapper gemacht…Beispiel gefällig?

      Annonciert unter „Gartengeräte | Sonstiges“ (wer schaut denn da hin??) z.B. fand ich 1991 einen wunderschönen, zwei Meter hohen 50er Jahre Standventilator mit dreiblättrigem Stahlflügel im Drahtkäfig, zweifarbige Originallackierung Altweiß und Hammerschlaggrün, mit schwarzem Bakelit - Drehknopf wie von einem alten Trafo und angenieteten Metallschildern als Beschriftung, angeboten für 50 DM. Gartengeräte deshalb, weil der Verkäufer damit im Hochsommer sein Gartenhäuschen kühl hielt!

      Und unter der Rubrik PKW | Opel wurde 1994 ein 1959er P1, 2-türer aus erster Hand für 1500 DM angeboten. Der stand nur 30 km von unserer Schrauberhalle entfernt, war seit 1972 eingemottet, nicht fahrbereit, untergebracht in einer Doppelgarage. Bei meinem Anruf erfuhr ich folgendes: der Wagen gehörte zwei Brüdern, die in den 70er Jahren Papas erstes neu gekauftes Auto aufgehoben hatten, um ihn „bei Gelegenheit“ für Papa wieder in Ordnung zu bringen. Der Wagen hatte die üblichen Rostschäden davongetragen, Kotflügel, Schweller, Radläufe. (Anm.: unter normalen Umständen wäre das in einer Woche zu erledigen gewesen). Der Vater war selbstständiger Schlachtermeister. Ein Sohn wurde Architekt und erstickte alsbald in Arbeit, tat also das, was ein Architekt so tut, der zweite Sohn wurde Lufthansapilot und sammelte rund um den Globus seine Flugmeilen. Zeit für den Rekord nahm man sich also nicht, und dann verstarb der Vater. Der Architekt bot den Wagen daraufhin zum Verkauf an, hatte aber leider keine Zeit, mir den Wagen gleich zu zeigen. Ich wurde auf unbestimmte Zeit vertröstet und hinterließ meine Telefonnummer. Dann wuchs Gras über die Sache, und ich dachte der Wagen sei längst verkauft. Da klingelte nach mehr als einem halben Jahr mein Telefon. Der Anrufer meinte, er habe seinen Schreibtisch aufgeräumt, und gaaanz unten hätte er den Zettel mit meiner Telefonnummer gefunden. Ich könnte mir den Wagen heute ansehen. „???“ Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass ich mit dem Architekten sprach. Der Pilotenbruder hatte mittlerweile sein Einverständnis zum Verkauf von Papas Rekord gegeben, und man wollte nun auch die Doppelgarage gerne kündigen, die man zum Unterstellen und Reparieren des Opels extra angemietet hatte. Ich erfuhr, dass man dafür monatlich eine Miete von 220 DM bezahlt hatte, und zwar genau 22 Jahre lang. Für den Fall, dass Ihr gerade keinen Taschenrechner zur Hand habt, das sind 58.080 DM! Das nenne ich mal eine Fehlinvestition. Wie viele tolle P1 hätte man von dem Geld kaufen können? Vor Ort erwartete mich das, wovon man eigentlich immer träumt als Oldtimerfan. Stellt Euch einen kleinen, flachen Schuppen vor mit kleinen Fensterchen und mit einigen Säulen in der Mitte. Man geht gespannt durch die zweiflügelige Holztür, rechts herum um die erste Säule, und dort, in schummrigstem Licht, mit dem Heck an der Wand und mit dicker Staubschicht bedeckt, steht er und schaut dich an, der Ersthand- P1. In weiser Voraussicht, dem damaligen Vorhaben geschuldet, waren die Brüder bei Opel Dürkop Anfang der 70er Jahre Blechteile einkaufen gegangen. Am Auto angelehnt fand ich beide Radläufe für hinten sowie zwei Schweller, alles nagelneu! Kurz vor der Stilllegung des Opels hatte ein Tunichtgut den Bezug vom Faltdach des P1 aufgeschnitten. Also ging man los und ließ einen nagelneuen Bezug einsetzen. Das Faltdach war also auch neu und wurde bis dato nicht ein einziges Mal mehr aufgemacht! Die Innenausstattung war makellos, allerdings fiel auf, dass die Türverkleidungen einfarbig grau bezogen waren, während die Sitzbänke mit einer grauen Stoff / Kunstlederkombination bezogen waren. Am bzw. im Armaturenbrett fanden sich das originale Philips Autoradio mit Blende und eine Autoblumenvase mit Plastikblümchen. Das Tacho zeigte knapp 70000 km und sollte die originale Fahrleistung widerspiegeln. Ein Kotflügel fehlte bereits („der war so schlecht, den haben wir damals gleich entsorgt.“), der zweite hatte Löcher vor der A-Säule zum Kopf durchstecken. Wie sah dann wohl erst der entsorgte aus? Kotflügel hatte man damals aber leider nicht neu gekauft, möglicherweise auch schon nicht mehr kaufen können. Ich bot für den Wagen und die Teile 750 DM. Ich argumentierte mit den aktuellen Preisen für gebrauchte Kotflügel, dass Bremsen zu erneuern seien sowie die gesamte Auspuffanlage, die Schweissarbeiten anstünden und eine Blattfederaufnahme fehlte (war die etwa auch durchgerostet gewesen? - und wer trennt sowas raus??). All das überzeugte den Verkäufer nicht so recht. Erst mein Argument, dass ja bald wieder 220 DM Miete monatlich fällig wären, wenn der Wagen hierbliebe, überzeugte. Der Verkäufer nickte kurz, ich bekam den Wagen, die Blechteile und den alten KFZ Brief und zwei Satz Schlüssel für den von mir gebotenen Preis. Es gibt so Tage, da könnte man die ganze Welt umarmen. Dieses war so einer, wenigstens für mich. Auf der Rückfahrt mied ich die Autobahn und fuhr ganz happy über Land nach Hause. In einem kleinen Dorf sah ich aus den Augenwinkeln einen grünen T2 Bus mit Chromstoßstangen auf einem Hof stehen. Alarm! Ich wendete, fuhr auf das Grundstück, auf dem der Bulli stand und sah ihn mir an. Es handelte sich um einen original Westfalia Camper mit Hubdach. Der Bus hatte ein paar kleinere Roststellen, aber nichts Wildes. Der Besitzer trat aus dem Haus und fragte mich, ob ich den Bulli kaufen wolle – der hätte einen Motorschaden und müsse weg. Da ich beste Beziehungen zur örtlichen Bulli IG hatte (Spo Dee O Dee hatte selbst einen T2 Bandbus damals), kaufte ich den Westfalia ohne viel Überlegen. Genauso schnell wurde ich ihn auch wieder los, mit ein wenig Gewinn. Wie gesagt, es gibt so Tage…

      Günther und ich holten meinen Ersthand- P1 sogleich nach Hause in unsere Bastelhalle. Ich bekam vom Anhängerverleih einen brutal schweren doppelachsigen Autotransportanhänger, weil der leichtere defekt war. Unser damaliger T2 Bulli mit 50 PS- Motor quälte sich damit schon beachtlich, aber als dann der P1 noch draufstand, dauerte es auf der Autobahn gefühlte 15 Minuten, bis die Fuhre auf 80 km/h war. Aber immerhin ging es überhaupt so schnell, mit rund 3 Tonnen Lebendgewicht und dem cw-Wert einer Schrankwand – Hut ab!

      Berufener Kurvenräuber

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      In der Werkstatt gab es Diskussionen. Ich wollte diesen Wagen für mich fertig machen, das Geld aus dem Verkauf meines P1 hätte dafür mehr als ausgereicht. Günther argumentierte, dass wir doch alle notwendigen Teile zur Verfügung hätten, um den Wagen schnell mit TÜV versehen zu können. Dann könnten wir den Wagen für einen richtig guten Preis verkaufen. So würden sich unsere vorhandenen Teile prima bezahlt machen, statt nur herum zu liegen und zu gammeln. Geld konnten wir alle brauchen, da hatte er Recht. Ich willigte schließlich ein. Ich hatte ja einen P1, der mir ans Herz gewachsen war. Wie viele braucht der Mensch? Also machten wir uns an die Arbeit. Josie fungierte als Organspender für Auspuff und Bremsen, mein dänischer Teileträger gab seine vorderen Kotflügel dazu. Ich schwang die Schraubenschlüssel, während Günther die Schweißarbeiten erledigte. Die Zündkerzen hatten einen zartrosa- farbenen Isolierkörper und wanderten in die Vitrine. Der Motor bekam neue Zündkerzen und frisches Öl, und nach dem Fluten des Vergasers sprang er an, als wäre er nicht vor 22 Jahren, sondern vor 22 Tagen das letzte Mal abgestellt worden. Günther beäugte immer wieder die einfarbigen Türverkleidungen, bis er kurzerhand die Verkleidung von der Fahrertür abnahm um herauszufinden, was mit ihr passiert war. Haltet Euch fest: der Erstbesitzer, der ja Schlachtermeister war, hatte um die originalen Verkleidungen zu schonen, diese noch einmal mit grauem Kunstleder überzogen, und zwar gekonnt! Wir lösten vorsichtig die Klammern und bauten Armlehne, Hebel, Stellrad und Zierleisten ab. Zum Vorschein kamen die originalen Bezüge, makellos und neuwertig wie am ersten Tag. Wir standen bewundernd davor wie kleine Kinder vor ihrem ersten Weihnachtsbaum.

      Die Kunde von einem solch einmaligen Fahrzeug verbreitete sich schneller als ein australisches Buschfeuer. Die Interessenten gaben sich alsbald die Klinke in die Hand, und wir bekamen einen guten Kurs, ohne dass wir noch zum TÜV hätten fahren müssen. Der nächste Besitzer investierte in Reifen und in eine Lackierung im Originalfarbton und veräußerte den Wagen dann mit frischer TÜV- Plakette an einen (VW)- Sammler in Wolfsburg. Auf dem Braunschweiger Oldtimertreffen am 01. Mai 1999 an der Gifhorner Straße tauchte der Wagen dann wieder auf - jetzt gehörte er einer jungen Familie mit zwei kleinen Kindern. Das gefiel mir! Ich lebte zu der Zeit bereits in New York und war nur zu Besuch in Braunschweig. Dann verlor sich die Spur „meines“ Ersthand- P1. Weiss vielleicht einer von Euch, wo er heute stecken könnte?

      Von den Arbeiten an diesem Wagen habe ich nur ein einziges Foto, leider. Die anderen Fotos zeigen den Wagen einige Zeit nachdem er uns bereits verlassen hatte, komplett lackiert im privaten VW Museum. Viele Details sieht man auf diesen Fotos auch nicht, aber vielleicht trotzdem besser als nichts.
      Fortsetzung folgt...








      Berufener Kurvenräuber
      ich liebe deine geschichten <3 :)
      komme gerade von einem besch.....nen arbeitstag wieder und kann nun, nachdem ich deine geile geschichte gelesen habe, mit einem lächeln ins bett gehen. danke :thumbsup:
      ich kann mir auch gar nicht vorstellen, das du evtl, bald keinen p1 mehr haben wirst. der gehört einfach zu dir genauso wie der rock`n roll.
      eine frage hätte ich aber noch, auf dem letzten foto sieht es so aus, als ob die kofferraumdichtung weiß wäre.
      wenn ja, gab es die dichtung auch original am p1?
      gruß marco
      27321 Thedinghausen. Opel Rekord P1 (12/57) Opel Rekord A (1963)
      Hallo Marco,

      so ist es richtig, auch wenn man spät nach Hause kommt, erst noch mal ins Forum schauen. :respekt1:

      Ich war wochenlang "wech vom Fenster".
      Ich hatte im Februar einen PC Crash dank eines schlecht geupdateten Antivirenprogramms und verlor alle Links, Shortcuts usw usw.
      Musste alles neu aufsetzen und bin jetzt erst so langsam wieder auf der Höhe, was meinen Rechner angeht.

      Ich vermute die Dichtung auf dem Foto ist grau. Dazu der Blitz vom Fotoapparat, dann wirkt es weiss.

      Ob es die Dichtungen original so gab, kann ich Dir leider nicht sagen. Die Türdichtungen, die ich in den 90er für meinen P1 kaufte und anklebte, sind auch hellgrau. Vielleicht wurden unsere Gummidichtungen mal in grau nachgefertigt?

      Die Tankstutzengummis gab es doch auch in schwarz und in hellgrau, wenn ich mich nicht irre?
      Berufener Kurvenräuber
      Klasse "Geschichten",

      schön, dass Du Dir die Zeit nimmst sie hier reinzusetzen. Man kann ja nicht alles auf Treffen zum besten geben..

      Weiter so!

      Bis dahin,

      DT
      LK Osnabrück - where the rust never sleeps...

      Rekord A ,1700er 4 Gang, 2T Limo, EZ 05/63 Schweden
      moin,

      natürlich guck ich nach feierabend hier gleich rein. das gehört sich doch so. :lol002:
      ja, die tankstutzen gibt es in zwei farben.
      du meinst bestimmt die hellgraue/altweiß? dichtung an der a-säule? wußte gar nicht, das es die farbe auch als kofferraumdichtung gab.
      kenne halt nur schlicht schwarz.
      gruß marco
      27321 Thedinghausen. Opel Rekord P1 (12/57) Opel Rekord A (1963)
      Auf den Fotos erkennt man, dass der P1 schon damals auf getrenntes Brems-/Rücklicht umgerüstet war. Ganz interessante Autos auf den Fotos in der Halle, der Käfer mit der Hebmüller-Haube, oder das BMW Cabrio. War dieses "Privatmuseum" in WOB oder in BS (dann hätte ich auf Jürgen K. getippt)...?

      Grüße,

      Jörg
      Hallo Jörg!
      Richtig geraten. Der P1 war wohl Jürgen K.'s erstes Auto. Aber lange währte die Sentimentalität dann doch nicht - der P1 flog alsbald wieder raus aus der Sammlung. Vielleicht bekam er aber auch eins dieser Angebote, die man nicht ablehnen kann - wer weiss?

      Trotzdem, ich wüsste wirklich gerne, wo der Wagen heute steht...
      Berufener Kurvenräuber
      Das ist er bestimmt - Form der Aussenspiegel und dieser runde Sticker (?) über dem Innenspiegel deuten darauf hin.
      Haben wir die Kotis nicht super angepasst bekommen? Das sind die von meinem dänischen Teileträger...
      Wie alt ist das Foto?
      Kannst mir ja mal ne PN schicken mit genaueren Infos, wenn Du möchtest.
      Berufener Kurvenräuber