Der Grund, warum ich mich hier registriert habe, ist eigentlich ein trauriger. Nicht für mich, denn ich kannte die Dame kaum, und habe sie bestimmt 25 Jahre lang nicht mehr gesehen. Aber es wurden Erinnerungen wach.
Vor zwei Wochen entdeckte ich in der örtlichen Tageszeitung eine Todesanzeige. Dorothea W. war im gesegneten Alter von 96 Jahren verstorben. Sie war die Großmutter eines Schulkameraden aus der Grundschule. Und auch sie hatte einen großen Anteil an meiner frühkindlichen Prägung in Richtung alte Fahrzeuge.
Ich blende zurück in meine Kinderzeit: Es war um 1981, und zwei Handvoll Schüler wechselten von der örtlichen Grundschule aufs städtische Gymnasium. Die Busverbindung in die Stadt war miserabel, und so holten die Eltern die Kinder abwechselnd von der Schule ab. Meine Mutter fuhr damals einen fast neuen, silberfarbenen Golf I (der ein Jahr vorher den gelben Käfer abgelöst hatte), die Eltern der Freunde fuhren Renault R4 und R5, Mercedes, Fiat 500 (bei dem war es immer etwas problematisch, die ganze Meute im Wagen unterzukriegen) und Opel Rekord D.
In seltenen Fällen fuhr aber auch Oma W. Die anderen waren dann immer enttäuscht, aber ich war schon damals ganz begeistert. Oma W. fuhr nämlich einen alten Opel Rekord P1 von 1958 oder 1959. Dunkelgrün war er, mit weißem Dach. Lenkradschaltung und durchgehende Sitzbank vorn. Die anderen fanden das langweilig. Aber ich hab’s jedes Mal genossen.
Der Druck der anderen Eltern muß immens gewesen sein: Oma W. ließ Sicherheitsgurte (vorne) nachrüsten, aber auch das half nicht im erwarteten Maß. Der Opel wurde als „gefährlich“ eingestuft, und musste weg. Der Grund war, dass die Rückenlehnen der vorderen Sitze nicht verriegelt waren (oder war die Veriegelung nur defekt?), und im Falle eines Unfalls die Kinder ganz nach vorn fliegen konnten. Naja, in einer Zeit ohne Kindersitze und hintere Gurte (oh, der Golf meiner Mutter hatte schon welche – wegen der Sicherheit!) schwer nachvollziehbar, aber die Sicherheitsfanatiker setzten sich durch. Und irgendwann war der Opel P1 verkauft.
Mir fehlte was, aber das Leben ging weiter. Ich begann, bei meinen wöchentlichen Einkäufen für unsere Familie, die ich mit dem Fahrrad im Ort erledigte, immer mal wieder eine Zeitschrift für mich zu kaufen. Bravo und Pop Rocky – die Standardlektüre damals in der Schule - interessierten mich wenig. Ich kaufte die MARKT, und träumte von alten Autos. Einige der Hefte, von 1983 und 1984, habe ich heute noch.
Besonders angetan hatte es mir die Rückseite: dort inserierte ein Händler regelmäßig seine Fahrzeuge mit Bild. Und viele Monate (oder Jahre?) war auch ein Opel P1 dabei. Blau und weiß zwar, aber ein P1. Das sollte mein Auto werden, wenn ich den Führerschein mache. Ganz sicher.
Aber es sollte anders kommen: 1986 war ich in den USA, lebte auf einer kleinen Farm ganz weit draußen, und ging im nahegelegenen Städtchen zur Schule. Ich war 17, und mit 16 durfte man dort Autofahren. Also machte ich meinen Führerschein (auf einem schweren, weißen Ford LTD von 1975 – in Amerika muß man zur Fahrprüfung einen Wagen mitbringen, und der Prüfer setzt sich ins Auto).
In den USA sind die Entfernungen weit, und ein nutzbarer Busverkehr ist praktisch nicht vorhanden. Alles ist aufs Auto ausgelegt. Einen Führerschein hatte ich ja, aber kein Auto. Ein Telefonat mit meinen (noch in Deutschland lebenden) Eltern, in dem ich Andeutungen über den Erwerb eines Kraftfahrzeugs machte, verlief niederschmetternd. Nun ja, Deutschland war weit weg, und am Telefon kann man ja nicht sehen, was der Junior in Amerika denn so alles macht. Also begann ich zu sparen.
Irgendwann hatte ich 500 Dollar beisammen, und begann nach bezahlbaren Fahrzeugen zu schauen. Da war der riesige, gelbe Ersthand-Cadillac einer älteren Dame. Den hätte ich für 500 Dollar haben können. Aber ich erwartete horrende Betriebskosten, und traute der Technik nicht so ganz.
Aber es gab noch eine andere Alternative: Mein Schulbusfahrer, ein Amerikaner mit Soldatenerfahrung in Deutschland, schraubte an alten Volkswagen. Vor seinem Anwesen, an dem der Schulbus täglich vorbeifuhr, stand ein orangefarbener VW 1600 Variant mit dem Schild „For Sale“. Eines Tages fasste ich mir ein Herz, und noch am selben Nachmittag machte ich eine Probefahrt. 650 Dollar hätte er kosten sollen, der Busfahrer bot ihn mir für 600 an. Ich offerierte 500 und schlug vor, den Rest bei ihm abzuarbeiten. Und so wurde ich Besitzer eines Heckmotor-VW von 1971.
Den VW setzte ich bereits am 2. Tag (bei geschlossener Schneedecke und mit vier abgefahrenen Sommerreifen) in den Graben, aber zum Glück ist nichts passiert. Ein paar Monate später passierte ein von mir verschuldeter Auffahrunfall, aber nach dem Besuch des örtlichen Schrotthändlers und mit Hilfe meines Busfahrers konnte das Auto wieder fahrtüchtig repariert werden. Sehr schrauberfreundlich, so ein VW...!
Im Sommer 1987, ich war zwischenzeitlich 18, sollte es wieder nach Hause gehen. Der Abschied vom VW fiel mir nicht leicht, aber ich konnte ihn unmöglich mitnehmen. Also wurde er mit der Sprühdose wieder schön orange lackiert, und ich verkaufte ihn für 600 Dollar am Vorabend meines Heimflugs an einen Liebhaber.
Wieder zurück in Deutschland wollte ich natürlich auch wieder ein Auto haben, aber meine Eltern reagierten stur: „Was sollen denn die Nachbarn denken“, habe ich die Worte meines Vaters noch genau im Ohr. Es gelang mir nachzuweisen, dass auch viele meiner Schulkameraden irgendeinen fahrbaren Untersatz besaßen, und so gab ich eine Anzeige in der örtlichen Tageszeitung auf: „Suche Opel P1 oder VW 1600“. Die anzeige erschien (warum auch immer) unter der Rubrik „Fahrräder“. Der erste Anrufer wollte dann auch wissen, ob wir Schrott abholen. Aber der zweite (und letzte) Anrufer bot einen VW 1600 Stufenheck von 1971, beige, mit einem dreiviertel Jahr Rest-TÜV.
Über die Jahre folgten immer wieder andere VW 1500 und 1600. Ich lernte schweißen, und kaufte TÜV-fällige VW für unter 50 Mark, reparierte sie, und half mir damit mein Studium zu finanzieren. Den ein oder anderen behielt ich auch für mich. Heute besitze ich so 10...12 (ich müsste sie mal wieder zählen) VW 1500/1600 von 1962 bis 1972. Und als Alltagswagen einen Mercedes 250 SE von 1967.
Aber der Jugendtraum Opel ist geblieben. Die Todesanzeige von Oma W. ist die Initialzündung: Ich werde mich mit der Materie beschäftigen, und in den nächsten 1…2 Jahren einen Opel P1 kaufen. Einen guten. Deshalb bin ich hier.
Ich habe Zeit und Geduld. Und wer bis hierhin gelesen hat, hat auch Geduld bewiesen. Vielen Dank fürs Lesen, und schon jetzt Vielen Dank im voraus für die Beantwortung meiner Fragen.
Grüße aus Darmstadt,
Jörg
Vor zwei Wochen entdeckte ich in der örtlichen Tageszeitung eine Todesanzeige. Dorothea W. war im gesegneten Alter von 96 Jahren verstorben. Sie war die Großmutter eines Schulkameraden aus der Grundschule. Und auch sie hatte einen großen Anteil an meiner frühkindlichen Prägung in Richtung alte Fahrzeuge.
Ich blende zurück in meine Kinderzeit: Es war um 1981, und zwei Handvoll Schüler wechselten von der örtlichen Grundschule aufs städtische Gymnasium. Die Busverbindung in die Stadt war miserabel, und so holten die Eltern die Kinder abwechselnd von der Schule ab. Meine Mutter fuhr damals einen fast neuen, silberfarbenen Golf I (der ein Jahr vorher den gelben Käfer abgelöst hatte), die Eltern der Freunde fuhren Renault R4 und R5, Mercedes, Fiat 500 (bei dem war es immer etwas problematisch, die ganze Meute im Wagen unterzukriegen) und Opel Rekord D.
In seltenen Fällen fuhr aber auch Oma W. Die anderen waren dann immer enttäuscht, aber ich war schon damals ganz begeistert. Oma W. fuhr nämlich einen alten Opel Rekord P1 von 1958 oder 1959. Dunkelgrün war er, mit weißem Dach. Lenkradschaltung und durchgehende Sitzbank vorn. Die anderen fanden das langweilig. Aber ich hab’s jedes Mal genossen.
Der Druck der anderen Eltern muß immens gewesen sein: Oma W. ließ Sicherheitsgurte (vorne) nachrüsten, aber auch das half nicht im erwarteten Maß. Der Opel wurde als „gefährlich“ eingestuft, und musste weg. Der Grund war, dass die Rückenlehnen der vorderen Sitze nicht verriegelt waren (oder war die Veriegelung nur defekt?), und im Falle eines Unfalls die Kinder ganz nach vorn fliegen konnten. Naja, in einer Zeit ohne Kindersitze und hintere Gurte (oh, der Golf meiner Mutter hatte schon welche – wegen der Sicherheit!) schwer nachvollziehbar, aber die Sicherheitsfanatiker setzten sich durch. Und irgendwann war der Opel P1 verkauft.
Mir fehlte was, aber das Leben ging weiter. Ich begann, bei meinen wöchentlichen Einkäufen für unsere Familie, die ich mit dem Fahrrad im Ort erledigte, immer mal wieder eine Zeitschrift für mich zu kaufen. Bravo und Pop Rocky – die Standardlektüre damals in der Schule - interessierten mich wenig. Ich kaufte die MARKT, und träumte von alten Autos. Einige der Hefte, von 1983 und 1984, habe ich heute noch.
Besonders angetan hatte es mir die Rückseite: dort inserierte ein Händler regelmäßig seine Fahrzeuge mit Bild. Und viele Monate (oder Jahre?) war auch ein Opel P1 dabei. Blau und weiß zwar, aber ein P1. Das sollte mein Auto werden, wenn ich den Führerschein mache. Ganz sicher.
Aber es sollte anders kommen: 1986 war ich in den USA, lebte auf einer kleinen Farm ganz weit draußen, und ging im nahegelegenen Städtchen zur Schule. Ich war 17, und mit 16 durfte man dort Autofahren. Also machte ich meinen Führerschein (auf einem schweren, weißen Ford LTD von 1975 – in Amerika muß man zur Fahrprüfung einen Wagen mitbringen, und der Prüfer setzt sich ins Auto).
In den USA sind die Entfernungen weit, und ein nutzbarer Busverkehr ist praktisch nicht vorhanden. Alles ist aufs Auto ausgelegt. Einen Führerschein hatte ich ja, aber kein Auto. Ein Telefonat mit meinen (noch in Deutschland lebenden) Eltern, in dem ich Andeutungen über den Erwerb eines Kraftfahrzeugs machte, verlief niederschmetternd. Nun ja, Deutschland war weit weg, und am Telefon kann man ja nicht sehen, was der Junior in Amerika denn so alles macht. Also begann ich zu sparen.
Irgendwann hatte ich 500 Dollar beisammen, und begann nach bezahlbaren Fahrzeugen zu schauen. Da war der riesige, gelbe Ersthand-Cadillac einer älteren Dame. Den hätte ich für 500 Dollar haben können. Aber ich erwartete horrende Betriebskosten, und traute der Technik nicht so ganz.
Aber es gab noch eine andere Alternative: Mein Schulbusfahrer, ein Amerikaner mit Soldatenerfahrung in Deutschland, schraubte an alten Volkswagen. Vor seinem Anwesen, an dem der Schulbus täglich vorbeifuhr, stand ein orangefarbener VW 1600 Variant mit dem Schild „For Sale“. Eines Tages fasste ich mir ein Herz, und noch am selben Nachmittag machte ich eine Probefahrt. 650 Dollar hätte er kosten sollen, der Busfahrer bot ihn mir für 600 an. Ich offerierte 500 und schlug vor, den Rest bei ihm abzuarbeiten. Und so wurde ich Besitzer eines Heckmotor-VW von 1971.
Den VW setzte ich bereits am 2. Tag (bei geschlossener Schneedecke und mit vier abgefahrenen Sommerreifen) in den Graben, aber zum Glück ist nichts passiert. Ein paar Monate später passierte ein von mir verschuldeter Auffahrunfall, aber nach dem Besuch des örtlichen Schrotthändlers und mit Hilfe meines Busfahrers konnte das Auto wieder fahrtüchtig repariert werden. Sehr schrauberfreundlich, so ein VW...!
Im Sommer 1987, ich war zwischenzeitlich 18, sollte es wieder nach Hause gehen. Der Abschied vom VW fiel mir nicht leicht, aber ich konnte ihn unmöglich mitnehmen. Also wurde er mit der Sprühdose wieder schön orange lackiert, und ich verkaufte ihn für 600 Dollar am Vorabend meines Heimflugs an einen Liebhaber.
Wieder zurück in Deutschland wollte ich natürlich auch wieder ein Auto haben, aber meine Eltern reagierten stur: „Was sollen denn die Nachbarn denken“, habe ich die Worte meines Vaters noch genau im Ohr. Es gelang mir nachzuweisen, dass auch viele meiner Schulkameraden irgendeinen fahrbaren Untersatz besaßen, und so gab ich eine Anzeige in der örtlichen Tageszeitung auf: „Suche Opel P1 oder VW 1600“. Die anzeige erschien (warum auch immer) unter der Rubrik „Fahrräder“. Der erste Anrufer wollte dann auch wissen, ob wir Schrott abholen. Aber der zweite (und letzte) Anrufer bot einen VW 1600 Stufenheck von 1971, beige, mit einem dreiviertel Jahr Rest-TÜV.
Über die Jahre folgten immer wieder andere VW 1500 und 1600. Ich lernte schweißen, und kaufte TÜV-fällige VW für unter 50 Mark, reparierte sie, und half mir damit mein Studium zu finanzieren. Den ein oder anderen behielt ich auch für mich. Heute besitze ich so 10...12 (ich müsste sie mal wieder zählen) VW 1500/1600 von 1962 bis 1972. Und als Alltagswagen einen Mercedes 250 SE von 1967.
Aber der Jugendtraum Opel ist geblieben. Die Todesanzeige von Oma W. ist die Initialzündung: Ich werde mich mit der Materie beschäftigen, und in den nächsten 1…2 Jahren einen Opel P1 kaufen. Einen guten. Deshalb bin ich hier.
Ich habe Zeit und Geduld. Und wer bis hierhin gelesen hat, hat auch Geduld bewiesen. Vielen Dank fürs Lesen, und schon jetzt Vielen Dank im voraus für die Beantwortung meiner Fragen.
Grüße aus Darmstadt,
Jörg