Tipp zum Kauf von Lenkradabzieher

      Guten Morgen Peter,

      Deine Skizze bezüglich des Kraftgleichgewichtes zwischen Zug und Druck ist richtig. Die exakte Kraftaufteilung eines Schlagimpulses (Hammer) ist wesentlich

      komplexer, sie beruht auf zwei Effekten:

      1) Kraft ist definiert als "Masse x Beschleunigung" Die Masse besitzt die Eigenschaft der "Trägheit", das heißt, sie will dort bleiben, wo sie ist (oder ihre Geschwindigkeit beibehalten, wenn sie sich bewegt). Der Schlag auf den Verband Lenkrad-Lenkspindel bewirkt eine Beschleunigung des Gesamtverbandes,
      also der Gesamtmasse von Lenkrad, Lenkspindel + Abziehermasse. Das ist die Grobbetrachtung. Die "Gesamtkraft" wird also direkt am Ort des Aufschlages eingeleitet (Gewindespindel des Abziehers). Etwas genauer: Die Gewindespindel hat Spiel, wenig, es ist aber vorhanden und die Gewindeflanken liegen "oben" an.
      Wenn man also in diesem Zustand auf die Spindel schlägt, kann sich die Spindel im Rahmen des Spieles nach "unten" bewegen, ohne die Abziehermasse + Lenkradmasse direkt "mitzunehmen Dieser Umstand führt dazu, dass der Hammerschlag sich (im Rahmen des Gewindespieles) bevorzugt auf die Lenkwelle auswirkt, die nun ihrerseits über die Klemmkraft in der Trennfuge (Konus) den Verband: Lenkradmasse - Abziehermasse beschleunigen müßte..... und, wenn hier die Summe aus Abzieherkraft + Beschleunigungskraft eine kritische Grenze überschreitet > löst das Lenkrad....

      Das ist die grundsätzliche Betrachtung. Die Anwendung eines Hammers ist immer Erfahrungssache !! Man kann einen Impuls gleicher Größe durch einen
      schnellen Schlag mit einem kleinen Hammer oder einem langsamen Schlag mit einem großen Hammer darstellen.
      Je größer die Schlagmasse ist, desto mehr ist davon auszugehen, dass sich die Schlagkräfte weniger in die gewünschte Beschleunigung umsetzen, sondern
      sich an der Lagerung der Lenkwelle im Lenkgetriebe abstützen ! Dennoch ist eine Mindestgröße der Schlagmasse notwendig.

      2) Jedes mechanische System hat Eigenfrequenzen. Das Lenkrad würde z.B. bei Anregung in der Biegefrequenz Lenkwelle - Lenkradmasse schwingen.
      bei gelöster Lenkradmutter würde dieser Zustand sicher zum Lösen des Lenkrades vom Konus führen. Eine entsprechende Anregevorrichtung haben wir nicht,
      oder: Doch. Per Definition enthält ein Schlag ALLE Frequenzen und damit auch die Eigenfrequenz. Dieser Effekt ist wahrscheinlich geringer als unter 1), aber
      vorhanden...

      Das ist jetzt viel Theorie > in praxi spannt man den Abzieher möglichst stark vor und nutzt einen "normalen Hammer" > dann geht das (Erfahrung vorausgesetzt !!!)

      Gruß,

      Alfred. H.
      Guten Morgen Alfred,

      danke für diese ausführliche und detaillierte Erklärung.
      Es ist nicht immer alles so einfach, wie es scheint.

      Ich habe es aber, wenn auch erst beim zweiten mal lesen verstanden.

      Der Spruch "Nicht verzagen - Alfred fragen" hat sich wieder einmal bewahrheitet :daumen1:

      Nochmal danke und einen schönen Tag.

      Gruß Peter

      Alfred. H. schrieb:

      An @Bubru s Rekord A hatte dieser Abzieher den Ersteinsatz, das Lenkrad saß ausreichend fest !

      Nach gutem (kräftigen !!) Vorspannen des Abziehers und einem beherzten

      Schlag auf die Spindel hat sich das Lenkrad besonnen und kam runter.... Ohne Schlag geht es oft NICHT.


      Jawoll, so war und ist es.

      Macht keine Experimente, hört auf Alfred. :)

      Grüße
      Christian
      Was Warmmachen der Lenkradnabe mit einem Heißluftfön ist dem Schlag mit einem Hammer auf das Spindelende meiner Meinung nach vorzuziehen.

      Zum einen überträgt sich ein Schlag bei starrer Lenkspindel natürlich bis zum Schulterlager unten im Lenkgetriebe.

      Zum anderen ist bei anderen Autos mit Sicherheitslenksäule die Lenkspindel ja ineinanderschiebbar. Oft ist hier ein Kunststoffbolzen eingebaut der im Falle eines starken Aufpralles abschert. Schert dieser beim Schlag mit dem Hammer von oben ab, kann die Lenkspindel hinterher klappern.
      Erst wenn das Warmmachen nicht hilft, würde ich persönlich als letztes Mittel zum Hammer greifen.

      Gruß
      Frank
      ....wenn das Anwärmen eine zielführende Methode ist, dann ist das natürlich nicht so robust, wie ein Hammerschlag.

      Natürlich stützt sich bei einem Schlagimpuls auch immer eine "Restkraft" über die Lagerung ab. Die Frage ist: WIEVIEL ??

      Praktisches Beispiel:

      - ein Auto steht zwecks Radwechsel auf der Bühne
      - das Lösemoment sei 100Nm
      - der Mechaniker will das Rad mit einem langen Schlüssel lösen (statisch)
      - dann wird er das Rad mit genau 100Nm gegenhalten, oder die Bremse betätigen müssen
      - weil das Momenten- und Kraftgleichgewicht eingehalten werden muß

      Sein Kumpel nimmt einen Schlagschrauber und hat diese Sorgen nicht, weil:

      - ein Teil des Schlagmomentes durch die Drehträgheit des Rades aufgenommmen wird
      - und er nur das "Restmoment" gegenhalten muß (wenn das Rad überhaupt drehen will)

      Wenn ich z.B. eine Lichtmaschine demontiere, kann ich das Lüfterrad ganz bequem von Hand
      festhalten, wenn der kleine Schlagschrauber die Zentralmutter löst (immerhin M12x1,5 fest angezogen, oft angerostet))
      Ein kleiner Makita-Schlagschrauber (so groß wie eine kleine Handbohrmaschine) schafft ein
      Lösemoment, für das ich sonst eine Knarre nehmen und auch gegenhalten müßte.
      Das mache ich natürlich bei der Widermontage....

      Das ist auch bei geraden Bewegungen so:

      - wenn jemand versuchen würde, an einem Auto mit einem geeigneten Meißel einen Trennschlitz
      statisch (von Hand) "reinzudrücken", dann würde er das Auto gegenhalten müssen, mit exakt der
      Trennkraft die er statisch einleitet (wird er nicht schaffen, mit normalen Kräften)

      - wenn man einen Druckluftmeißel nimmt, wird das Blech genau so getrennt, das Auto muß aber
      praktisch nicht gegengehalten werden, weil seine Trägheit gegen den Impuls gerichtet ist.

      Diese Effekte hängen klar an den Massenverhältnissen, der Schlaggeschwindigkeit, den Elastizitäten.....
      und das ist bei der Lenksäule sicher ungünstiger als bei den genannten Beispielen.

      Wer große Sorgen um die Lagerung hat, kann auch die Lagerstellkappe lösen (Spiel), dann wirkt der Impuls
      NUR auf die Beschleunigung der Massen.... (Lenkrad mit den Knien rausziehen, Spiel erzeugen )

      Diese Maßnahmen sind RUSTIKAL, in praxi aber manchmal nicht zu vermeiden. Erfahrung in der Anwendung

      von Schlagwerkzeug ist notwendig, sonst kann Schaden entstehen...., das ist natürlich so.

      Gruß,

      Alfred. H.
      Bei meinen Lenkrad werde ich vermutlich auf das Anwärmen zurückgreifen müssen. Der geliehene Abzieher stellt sich beim Spannen schief. Das heißt, einer der Abzieherarme hat sich schon ins Lenkrad eingearbeitet. Ein Bilck in den Schacht bestäitgt die Annahme. Das Lenkrad sitzt bombenfest. Ein Vorbesitzer hat sich daran schon abgearbeitet. Ich werde das Anwärmen an einem schlechten (rissigen) Lenkrad mal ausprobieren. Vor der erneuten Lenkradmontage werde ich den Konus mit Kupferpaste einschmieren. Vielleicht lässt sich das Lenkrad dann beim nächsten Mal besser lösen.

      gruß
      Michael

      Kegelverbindung, einfache Kraftskizze

      Guten Tag Michael,

      Deine Idee zum Thema "Kegel schmieren zwecks besserer Demontage" würde für die Demontage einerseits sicher helfen. Andererseits stellt sie

      die grundsätzliche Funktion der Verbindung in Frage. Sinn der Kegelverbindung ist: Eine drehfeste Verbindung herzustellen, durch eine axiale Anspannung.

      Die axiale Anspannung wird an der Kegelwand in eine Normalkraft umgesetzt, diese Normalkraft (Druck) erzeugt REIBUNG und das Produkt aus:

      Normalkraft x Reibkoeffizient x wirksamem Durchmesser (Radius, je nach Kraftansatz) ergibt das übertragbare Drehmoment. REIBUNG ist also unbedingt nötig !

      Diese Verbindung ist "ausgelegt", nach Kegeldurchmesser, Kegelwinkel, dem Reibwert zwischen Alu / Stahl und der Vorspannung. Das ist berechnet und

      durch Versuche abgesichert, darum würde ich an keinem dieser Parameter etwas ändern.

      Speziell die Reibung hat auf die Kraftverhältnisse am Kegel einen erheblichen Einfluß. Sieh bitte dazu mal die anliegende Skizze.

      Die Kraftbetrachtung bezieht sich auf EINE Seite des Kegels, die andere wäre symmetrisch, deshalb tragen wir am Punkt P nur die Hälfte der

      Vorspannkraft aus der Verschraubung an, die andere Hälfte kann man sich dazu denken...

      Römisch 1 > Am Punkt P entstehen aus 1/2 FV zwei Kräfte:

      1) FNR = Normalkraft aus dem Kegelwinkel, senkrecht zur Wand

      2) FR = Reibkraft aus der Normalkraft = Normalkraft x Reibkoeffizient, hier willkürlich angenommen, wegen der Darstellung etwas übertrieben.

      Die Horizontalanteile dieser beiden Kräfte müssen in Summe 1/2 FV ergeben...und das tun sie auch F1R + F1N = 1/2 FV

      Römisch 2 > hier wurde die Reibkraft mal zu Null gesetzt ..... man sieht die Normalkraft steigt stark an, die Länge der FN0 ist größer, als FNR.

      Dennoch könnte (Reibung Null) > kein Moment übertragen werden, alle Vorspannkraft weitet nur den Kegel....

      Beachte: Diese Skizze ist noch ganz harmlos, der Kegelwinkel wurde aus Gründen der Lesbarkeit "groß" gewählt, kleinere Kegelwinkel (Serie)

      lassen logischerweise die Normalkräfte wesentlich stärker ansteigen ! Wenn dann noch die (in der Konstruktion) berücksichtigte Reibung reduziert wird,

      kann ein zu weites Durchziehen des Sitzes (plastische Deformation) die Folge sein.....

      ohne dass die vorgesehene Momentenübertragung gegeben ist.

      Deshalb rate ich dringend davon ab, einen Kegelsitz zu schmieren, womit auch immer.

      Gruß + viel Glück bei der Demontage,

      Alfred. H.
      Dateien
      Nun beruht ja die Verbindung von Lenkradnabe und Lenkspindel nicht auf Reibung sondern Formschluss denn sowohl die Spindel als auch die Nabe haben eine Verzahnung auf/im zylindrischen Teil. Der Konus sorgt eigentlich nur dafür, dass das Lenkrad nicht auf der Spindel wackelt.

      Wichtig ist halt das die Mutter eben nicht nach Gefühl angezogen wird sondern nach Vorgabe. Die lautet 1,9 kgm was ~ 18.6 Nm entspricht. Das ist für ein M10 Regelgewinde wenig, es entspricht dem Normalwert für Muttern der niedrigsten Festigkeitsklasse 4.6.
      Für 8.8 beträgt das Drehmoment schon 49Nm...das ist wohl in etwa der Wert wenn man "nach Gefühl" anzieht und bedeutet 2,6 mal zu fest.
      Kein Wunder wenn das Lenkrad hinterher nicht mehr runter will.

      Wenn man jetzt die Mutter mit den vorgeschriebenen 18,6Nm anzieht, jedoch zusätzlich den Konus schmiert, führt das zu einer Verminderung der Reibung wodurch beim Anziehen der Mutter die Nabe noch fester auf den Konus gepresst wird...ein Teufelskreis.

      Fazit: Beide Konen sollten sauber sein, Mutter mit 18,6Nm anziehen und mit dem Blech sichern. Schmieren ist wohl nicht vorgesehen.

      Gruß Frank
      @Frankyboy379,

      Mit dem "Zu fest Anziehen" hast Du natürlich Recht. Die Momentenübertragung geschieht aber nicht über die Verzahnung, sondern

      über den Konus. Die Verzahnung dient der korrekten Positionierung des Lenkrades in der Produktion + dem "Gegenhalten" beim

      Anziehen der Mutter. Die Lenkspindel ist aus zwei Teilen reibgeschweißt und die Winkelposition zueinander deshalb "zufällig"

      (deshalb ist die Verzahnung "rundum")

      Zudem gibt es Toleranzen im Rohbau und der Lenkgeometrie. In der Montage muß das Lenkrad deswegen durch "Versuch"

      so positioniert werden, dass die Speichen symmetrisch gerade stehen. Wenn die korrekte Einbaulage feststeht, zieht der

      Werker das Lenkrad fest. Im Hause Opel hat er dann noch einen Meißelhieb auf den M10-Gewindestummel geschlagen.

      Wenn der Hieb "quer" steht (Position 9°°- 3°°) ist das die werksseitige Markierung für die Geradeausstellung, an der man sich

      bei einer Wiedermontage des Lenkrades orientieren kann. Dieser ganze Kram war auch bei meinem ehemaligen

      Arbeitgeber ein Dauerthema.....

      Gruß,

      Alfred. H.
      Interessant zu wissen. Ich würde mich ehrlich gesagt etwas unwohl fühlen wenn die Lenkspindel nur einen glatten Konus hätte und gar keine Verzahnung.
      Die Lenkspindel hat diese Quermarkierung bei meinem auch. Sonst wäre es auch schwer die exakte Mittelstellung des Lenkgetriebes nach einem Wiederzusammenbau zu ermitteln. Bei Mercedes kann man die Mittelstellung mittels einer einzudrehenden Passschraube sogar fixieren. Das erleichtert den Einbau aller Lenkkomponenten enorm.

      Gruß
      Frank