weiche Bremsbeläge für unsere Oldies

      weiche Bremsbeläge für unsere Oldies

      Hallo zusammen, kennt ihr noch die Gebrauchtwagenprofis mit Edd China - lief mal auf D-Max und war auch richtig unterhaltsam, interessant und lehrreich.

      Ich kann mich an eine Folge erinnern da hat Edd, ich glaube es war ein Volvo Amazon oder auch ein Buckel (bin mir da aber nicht ganz sicher wegen dem Auto, kann auch ein anderes gewesen sein - ist aber auch nicht wichtig) hergerichtet. Als er an den Bremsen war hat er gesagt, dass es für das Auto, das er gerade herrichtet, neue Bremsbeläge zu kaufen gibt die ihm aber zu hart sind. Er würde lieber weiche Bremsbelege bevorzugen (da mit dem Oldie eh wenig Kilometer im Jahr gefahren wird) und die öfters wechseln (da mehr Abrieb) aber dafür eine bessere Bremswirkung haben wollen (da mehr Grip). -> So weit so gut absolut richtig und nachvollziehbar.

      Ich hatte dann Dr Google bemüht um Adressen für Bremsbeläge, Rohmaterialen für Bremsbeläge, Härtegrade etc herauszufinden , allerdings mit mäßigen bis saumäßigen Erfolg - also ich hab nix gefunden und dann doch die vom Lutz bestellt und verbaut. Die funktionieren ja auch.... trotzdem würde es mich interessieren ob jemand in der Runde da Erfahrung hat bzw. Kontakte zu Herstellern von Bremsbelägen um "weiche" Bremsbeläge zu machen Im Prinzip bräuchte man ja nur die entsprechende Breite, den gewünschte Härtegrad - Senklöcher bohren und vernieten ist ja dann nicht das Problem

      mfg Harry
      Guten Abend Harry,

      diese Geschichte wurde hier schon rauf und runter dekliniert.

      Die Bremsanlage der alten Rekorde + Kapitäne ist "starr", das heißt, es gibt keine Regel-

      oder Begrenzungsventile.

      Das ist prinzipiell "schlecht".

      Wenn Dich diese Thema interessiert, such mal bei Google nach "idealer Bremskraftverteilung", dann

      siehst Du, dass das eine Parabelfunktion ist.

      "Unsere" Bremsanlage kann aber nur eine "Gerade" darstellen, weil Bremsdruck (Pedalkraft) und Bremsmomente

      DIREKT gekoppelt sind. Der Auslegungspunkt wird so gewählt, dass bei gutem Reibwert eine hohe Verzögerung

      möglich wird, ohne dass die Hinterachse vor der Vorderachse blockiert (Schleudern).

      Dazu sind einige Kennwerte fest:

      - Schwerpunkthöhe
      - Radstand
      - Reibwert Straße / Reifen
      - Reibwert (Bremsbelag zu Trommel)
      - Trommeldurchmesser
      - Ausführung der Bremsanlage selbst (Zylinderdurchmesser, Bauart....)
      - ....

      Andere Kennwerte könnte man beeinflussen, sollte man aber nicht.

      Der Reibwert der Beläge (suche nach C *) hat entscheidenden Einfluß auf die Selbstverstärkung einer Trommelbremse,

      erst Recht, wenn eine Duplexbremse im Spiel ist.

      Für die Fahrzeuge der Rekord Klasse (4-Zylinder mit 200ter Trommel) wurden Beläge der Dimension 200x45mm verwendet.

      Ihre Reibeigenschaften sind nach WVA (Kennwerte der Reibbelagindustrie) durch WVA 13189 gekennzeichnet.

      Diese Kennzeichnung findest Du (normalerweise) auf jedem Belag und auf jeder Verpackung.

      Abweichende Qualitäten würde ich nicht einsetzen.

      Gruß,

      Alfred. H.
      Hallo
      Hier mal etwas zum Thema ,-)
      Mineralische Bremsbeläge sind vor allem Faserverbundstoffe aus Kevlar, Glas, Gummi und hitzebeständigen Harzen. ... Organische Bremsbeläge sind weicher als halbmetallische Bremsbeläge und verschleißen daher etwas schneller, was logischerweise zu mehr Bremsstaub führt..

      Wurde gegoogelt ...

      Gruß vom Hein
      Hallo Alfred,

      besten Dank für deine Erläuterung, Das Thema ist doch mannigfaltiger als man im ersten Moment vermutet. Zusammenfassend ist demnach von zu weichen Bremsbelägen abzuraten da ein blockieren und die Gefahr des unkontrollierten Schleuderns begünstigt wird. Zusätzlich wird sicherlich der Bremsschwund durch erhöhte Hitzeentwicklung bedingt durch die weicheren Bremsbeläge unterstützt - was ja bekanntermaßen per se eine Schwachstelle der Duplexbremse ist.

      Ich denke ich werde die Finger von zu weichen Bremsbelägen lassen und wie bisher vorausschauend und defensiv fahren - wie heißt es doch so schön in einem Opel Prospekt "....vorausschauendes Fahren ehrt den Opelfahrer...." :P
      Hallo Harry,

      also wir haben bei unseren Ponton und P Modellen stellenweise schon einen weicheren Belag auf der VA zur Verwendung gebracht mit sehr guten Erfolgen. Selbst aus Bandmaterial hergestellt und verbaut, an den Trommeldurchmesser angepasst und man hat bei etwas weniger Pedalkraft eine etwas "wirksamere" und "komfortablere" Bremse. Man sollte allerdings keine Quantensprünge erwarten was dieses Thema angeht. Wenn du näheres wissen möchtest kannst du dich gerne melden. :)

      Gruß aus WZ Stephan
      en eschte Hessebub fäärt immer Obbl :modo:
      Hallo Stephan,

      sicherlich kann man mit einer Duplextrommelbremse ohne Bremskraftverstärker nur durch Nutzung von weicheren Bremsbelägen keine "Wunder" erwarten. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass die Entscheidung von Opel in den 50ern, weiche oder härtere Bremsbeläge zu nutzen auch eine wirtschaftliche Überlegung war. Wer will denn jedes Jahr für viel Geld die Bremsbeläge wechseln lassen auch wenn der neue Opel super bremst. Wahrscheinlich niemand. Zudem war die Verkehrsdichte vor 60 Jahren doch wesentlich übersichtlicher - also plötzliche und heftiger Bremsmanöver seltener. Heute sieht das ja leider anders aus und wer kennt es nicht, daß jeder Holzkopf schnell noch aus der Ausfahrt rausschiesst bevor er "die alte Kiste" vor sich hat.

      Also wenn es einfache Möglichkeiten gibt die Bremskraft zu optimieren ohne sich andere Nachteile ins Haus zu holen - warum nicht...Ich hatte ja bereits nach "weichen" Bremsbelägen, auch als Plattenware, gesucht allerdings nichts gefunden. Vielleicht hatte ich auch die falschen Schlagwörter verwendet, wer weiß. Wenn du da Kontakte hast von wo diese Beläge zu beschaffen sind wäre das eine super Hilfe. Von Alfred weiß ich ja das man nach dem "C*-Wert" bei den Belägen achten muß - welchen C*-Wert hast de denn für deine Oldies verwendet? Die weicheren Belägen nur auf die VA zu montieren ist glaub ich auch ganz gut - damit wird doch sicherlich das Risiko des "Ausbrechen" des Wagens bei scharfen Bremsen verringert - zumindest kann ich mir das vorstellen.

      mfg Harry
      Guten Tag Harry,

      im Anhang findest Du ein Diagramm zum Kennwert C*. Dieser Kennwert bezeichnet die "Selbstverstärkung" einer

      Bremse in Abhängigkeit von deren Bauart und dem Reibwert der verwendeten Beläge, dargestellt ist "typisches" Verhalten.

      Man sieht, je mehr "auflaufende Anteile" die Bremsbacken haben, desto steiler wird der exponentielle Verlauf.

      Das heißt: Reibwertänderungen schlagen an der VA (Duplex) stärker durch, als an der HA.

      Das ist der eine Punkt.

      Der andere Punkt ist: Die Bremskraftverteilung (VA zu HA) in Abhängigkeit der Abbremsung.

      Hier ein Diagramm dazu: repetico.de/card-59685157

      Die Parabeln beschreiben das Verhältnis VA/HA, so, wie es sein müßte, um unter allen möglichen

      Abbremsungen (Reibwert Reifen zu Straße) ein Optimum zu erzielen.

      Dein Auto hat aber eine fixe Aufteilung, analog der roten Geraden. Unter Beibehaltung dieser

      fixen Hydraulikauslegung kann keine Anpassung an ideale Verhältnisse erreicht werden.

      Das war hier schon öfter Thema.

      Meine Meinung: Wenn Jemand nicht über umfassende Kenntnisse in Theorie + Praxis zum Thema

      Bremse verfügt, Hände weg von Experimenten, soweit nicht seitens des Herstellers Neuerungen

      verfügbar sind (waren), für die entsprechende Freigaben vorliegen.

      Gruß,

      Alfred. H.
      Dateien
      • C stern.jpg

        (272,07 kB, 12 mal heruntergeladen, zuletzt: )
      Man könnte auf die Idee kommen, dass man durch die dynamische Achslastverlagerung mehr Bremskraft an der Vorderachse auf den Boden bringen kann. So weit bin ich bei dir, so ist das Auto ja auch ausgelegt. Eine überbremsende Hinterachse würde ich auch nicht riskieren wollen, da ich mich nicht drehen möchte.

      Ich frage mich nur gerade, was die Hinterachse dann in (völlig frei geratenen) 95% der Betriebszustände macht? Im Normalfall bewegen wir unsere Kisten ja eher ruhig und vorausschauend.
      Wenn also die gleiche Gesamt-Bremsleistung wie immer gefordert wird, wird dann die Mehr-Leistung von vorne automatisch hinten weniger gefordert? Ist nur so n Gedankenspiel.

      Die Fragestellung resultiert aus den Erfahrungen mit so Omma-Autos, die nur zweimal die Woche 7,2 km bewegt werden. Da tut´s meistens die hintere Bremse nicht richtig. Da verglasen die hinteren Beläge, oder es gammelt direkt alles fest. Allerdings muss ich zugeben, dass die dann doch vorne eher Scheibenbremsen haben.

      Es gibt doch Leute, die vorne sogar auf Scheibenbremsen umgerüstet haben. Zumindest weiß ich das vom Kapitän, keine Ahnung ob das auch bei P1/P2 öfter gemacht wurde. Da vermute ich sogar eine noch größere Steigerung der Bremsleistung und hätte schon wieder Angst davor, ob die Achse ohne Zug-/Schubstrebe diese Kräfte überhaupt aushält. Aber das ist wieder ein ganz anderes Problem...

      Vielleicht gibt es hier jemanden mit Erfahrung zu dem Thema?

      Ich find das super wie professionell Alfred immer (und zwar ALLES) erklärt. Aber auch ich komme mit meinem gefährlichen Halbwissen - oder vielleicht gerade deshalb - zu dem Schluss, dass ich von der Bremsauslegung lieber die Finger lasse. :pardon:
      Schöne Grüße

      Dirk
      "Tausi" :wink:

      aus Meerbusch am Niederrhein (zwischen Krefeld und Düsseldorf)
      "P2"-Käpt´n seit Studientagen (so sieht er auch aus) und seit Ende 2015 auch Diplo-A-C
      ....danke für die Blumen !

      In den allermeisten Brems-Fällen ist es so, dass die Haftgrenze (Reibwert Straße-Fahrbahn) nicht ausgenutzt wird.

      Deshalb ist die "starre Auslegung" unterhalb der Haftgrenze unkritisch > die Karre hält an, ohne zu schleudern.

      Festlegung: Bei maximaler Verzögerung (Annahme Reibwert) soll die HA nicht vor der VA blockieren

      Physik: Hohe Verzögerung = dynamische Achslastverlagerung nach vorn = Entlastung hinten.

      Bei geringem Reibwert (nur kleine Verzögerung möglich) verschenkt man mit fixer Auslegung

      deshalb Bremsweg, weil die HA stärker gebremst werden KÖNNTE. Das ist einfach nur MIST.

      Über die Zeit gab es noch eine andere wichtige Einflußgröße, durch bessere Straßenoberflächen und bessere

      Reifen wurden höhere Verzögerungen möglich.

      Physik: Die VA muß dann relativ zur HA stärker abgebremst werden.

      Und, man STAUNE: Opel hat da was gemacht !!!

      Bei sonst identischer Bremsauslegung hat man in der Olympia 53-57-Baureihe etwas geändert:

      Die Rekorde 53 - 55 haben an der VA Radzylinder mit 1" = 25,4mm Durchmesser,
      die HA hat Radzylinder von ca. 27mm

      Ab ca. 55 sind vorn und hinten Radzylinder mit ca. 27mm verbaut, bis P2 bis...

      Ab P2 ab sind vorn Zylinder mit 27mm verbaut und hinten Zylinder mit 25,4mm

      Das ursprüngliche Verhältnis hat man also umgekehrt.

      Ob sich heute noch in einem Rekord 53-55 vordere Radzylinder mit 25,4mm befinden

      ist fraglich, weil Opel nachträglich die Verwendung der "moderneren" Baustände freigegeben hat

      und bei Defekten auch entsprechend umgebaut wurde. Es lohnt sich aber immer, den Baustand

      der Bremse bei den alten Karren in allen Details zu prüfen. Toyota meint: Nichts ist unmöglich,

      für alte Opels gilt: Alles ist möglich !

      Gruß,

      Alfred. H.





      Da schließe ich mich den Vorrednern an!
      lieber nicht an der Bremsauslegung rumspielen.
      Ich hatte bei der Restauration meiner Heinkel Perle 1986 das Problem, daß die Halbnabenbremsen schon wirklich schwach waren. Als ich die Bremsbeläge erneuern wollte, habe ich das bei Bremsen Schöbel in Nürnberg machen lassen.
      Wichtig war hier für mich, daß hier ausschließlich aufvulkanisiert wird und man den Belag etwas weicher oder härter wählen kann. Die drehen die Beläge auch passend ab, damit die Bremsbacken richtig in die Trommel passen, gibt man den Trommeldurchmesser an, oder läßt diese gleich mit überarbeiten und ggf gegen Unrundheit ausdrehen.
      meine neu bestellten Bremsbacken für meinen Bedford Blitz wurden auch dort renoviert. Die alten Bremsbacken werden gesandstrahlt und lackiert.
      Ich habe immer ordentliche Ware von dort erhalten. Der Preis ist angemessen.
      Hier findet ihr alles:
      bremsen-schoebel.de/downloads/

      Auch nochmal vielen Dank an Stephan für die Teilenummern von FTE. Hat alles geklappt.


      Gruß in die Runde
      Matt